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Ihr Sozialverhalten und ihre Fortpflanzung

Wie leben die Fledermäuse zusammen? Wie vermehren sie sich?

Verschiedene Studien zeigen, dass die Weibchen der Bechsteinfledermaus für ihre Wochenstuben ältere Spechthöhlen bevorzugen. Die Bäume werden ab Mitte April von den weiblichen Familiengruppen zur gemeinsamen Aufzucht des Nachwuchses aufgesucht. Diese “Wochenstubenkolonien“ sind matrilinear aufgebaut und bestehen meist aus 25-30 (bis zu 80) Weibchen und deren einzelnen Jungtieren. Nicht alle Weibchen reproduzieren jährlich, so dass sich Wochenstuben aus reproduzierenden und nicht reproduzierenden Tieren zusammensetzen. Der Genfluss zwischen den Kolonien erfolgt vor allem durch die allein lebenden Männchen, die ihre Wochenstubenorte verlassen und sich in eigenen Revieren mit Weibchen unterschiedlichster Kolonien paaren. Die Geburten erfolgen von Juni bis Anfang Juli, die Laktationsphase dauert meist bis August. Die Quartierbäume werden aus hygienischen und mikroklimatischen Gründen, sowie zur Feindvermeidung häufig gewechselt, wobei sich die Kolonie in mehrere Subgruppen aufteilen kann, die verschiedene Quartiere beziehen und später wieder fusionieren. So verfügen Kolonien über eine Vielzahl an Quartiermöglichkeiten, die über Jahre hinweg genutzt werden.

Mit Hilfe der Telemetrie zeigte sich beispielsweise eine mittlere Verweildauer von weiblichen Bechsteinfledermäusen in einem Baumquartier von nur 2,7 Tagen, wobei von der Trächtigkeit über die Laktation bis zur Postlaktation ein Anstieg erkennbar war. Männchen zeigten dagegen deutlich längere Aufenthaltszeiten von bis zu drei Wochen. Die Häufigkeit der Quartierwechsel führt dazu, dass eine Bechsteinfledermauskolonie, über ihre Aktivitätsperiode von April bis Oktober verteilt, einen Quartierkomplex aus 35-40 Baumhöhlen und mehr nutzt. Eine Auswertung von 13 Quartierkomplexen der Bechsteinfledermaus, die in unterschiedlichen Regionen telemetriert wurden, ergab mittlere Distanzen zwischen den Quartierbäumen von 190,5 m sowie maximale Distanzen bis 1.603 m. Die Kernflächen der ermittelten Quartierkomplexe umfassten im Mittel 54,5 ha (9,8-153,9 ha).

Gemäß ihrer Lebensraumtradition halten Bechsteinfledermäuse über Jahre bzw. Jahrzehnte an den Quartierkomplexen fest, sofern die Wälder keine gravierende Störung erfahren, was ebenso für die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) und andere waldbewohnende Arten gilt. In idealen Bechsteinfledermauswäldern sind die Kernjagdgebiete eng mit den Quartierstandorten assoziiert.

Quelle: Institut für Tierökologie und Naturbildung


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